- Es gilt das gesprochene Wort -

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir haben in den letzten Tagungsabschnitten regelmäßig die Frage der Flüchtlingspolitik und der sich daraus ergebenden Herausforderungen diskutiert.

Insbesondere in den vergangenen zwei Monaten war immer wieder der Ruf der Opposition nach mehr „Sprachlernklassen“ zu hören.

Es war immer die latente Unterstellung im Raum, die Regierung handele nicht bzw. verspätet und wenn, dann ohne Konzepte.

Das Gegenteil ist der Fall: Sie, meine Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen, haben hier offenbar einen Tunnelblick, der Ihnen die Sicht auf das weite Feld der Sprachfördermaßnahmen versperrt. Darum sucht man einen ganzheitlichen Ansatz bei Ihnen auch vergebens – den verfolgen allerdings die Landesregierung und wir, SPD und Grüne, als Koalitionsfraktionen.

Darüber hinaus wird leider die Debatte von Ihnen auch immer mit falschen Fakten gespickt.

Daher möchte ich zunächst einmal den Blick auf die Zahlen werfen:

Sie (CDU und FDP) gehen immer fälschlicherweise von 32.000 Flüchtlingskindern im Bereich der Sprachförderung aus und errechnen hier nach dem Gießkannenprinzip die Stunden.

Richtigerweise sind es aber nicht 32.000 Flüchtlingskinder, sondern Kinder mit allen Förderschwerpunkten des Bereiches Sprache, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft.

Sie sprechen immer davon, dass in jeder Schule eine Sprachlernklasse einzurichten sei und damit in allen 3000 Schulen. Richtig ist aber, dass in etwa 1/3 aller Schulen derzeit keine Flüchtlingskinder sind, auch wenn sich das vermutlich ändern mag.

Den prognostizierten 20.000 Zugängen stehen laut Prognose 18.000 Abgänge entgegen.

Eine Reihe der rund 300 eingerichteten Sprachlernklassen ist noch nicht vollständig belegt. Das ist regional völlig unterschiedlich.

Worum geht es aber eigentlich, meine sehr geehrten Damen und Herren:

Um die Vermittlung von deutschen Sprachkenntnissen als zentrale Aufgabe und, vor allen Dingen, als Schlüssel zur Bildungsteilhabe; Sprache ist der Schlüssel zu gelingender Integration.

Als Teilhabe zum Erreichen eines Bildungsabschlusses und auch zur späteren Berufsausbildung.

Diesem Umstand trägt die Landesregierung Rechnung und der vor einigen Wochen verabschiedete Nachtragsetat schafft mit 10 Mio

Euro in 2015 und 40 Mio Euro in 2016 wichtige Voraussetzungen dafür.

Diese Mittel dürfen aber eben nicht nur in Sprachlernklassen fließen, das wäre der völlig falsche Ansatz. Es geht um einen ganzheitlichen Ansatz, und das ist im Rahmen der Beratung der drei Anträge auch sehr deutlich geworden. Die Unterrichtungen der Landesregierung haben gezeigt, welche Vielfalt für diesen ganzheitlichen Ansatz erforderlich, aber auch möglich ist.

Sprachlernklassen sind eine von einer Reihe additiver Komponenten der Sprachbildung und Sprachförderung.

Diese Kultusministerin hat ein umfangreiches Konzept mit 20 Bausteinen zur Sprachförderung und Unterstützung von Flüchtlingskindern vorgelegt. Diese Maßnahmen sind ein ganzheitlicher Ansatz und auch Teile einer gelebten Willkommenskultur.

Zu diesen Bausteinen gehören:

-Sprachlernklassen an allgemeinen und berufsbildenden Schulen

-Förderkurse für Deutsch als Zweitsprache

-Förderunterricht

-Förderstunden nach Sprachkonzept

-Integrative Sprachfördermaßnahmen

-Sprachförderung im Elementarbereich und vorschulische Sprachförderung

-Berufsvorbereitungsjahr in der Sonderform als Sprachförderklasse sowie das Sprach und Integrationsprojekt „Sprint“ für jugendliche Flüchtlinge

-Aufbau von 15 Sprachbildungszentren

-Einsatz pensionierter Lehrkräfte

-Aufstockung der Fortbildungsangebote

-Herbstakademie für Deutsch als Zweitsprache

-Curriculum Sprachlernklassen

-Schulpsychologische Unterstützung

und einige weitere Bausteine. Sie sehen, diese Landesregierung hat die ganzheitliche Sprachbildung im Blick und nimmt das Thema ernst! Wir produzieren keine Schnellschüsse, wir handeln verantwortungsvoll!

Das hat auch die Veranstaltung mit allen Bildungsverbänden am 30.09.2015 zum Ausdruck gebracht. Die Verbände haben die Maßnahmen, aber auch die Flexibilität gelobt, die mit der Einrichtung und Ausfüllung der Angebote einhergehen.

Auch die gestrige Berichterstattung über das Flüchtlingsmädchen an der BBS 7 zeigt, dass dieser ganzheitliche Ansatz zielführend ist. Dieses und auch andere Mädchen sprechen nach sieben Monaten selbstbewusst auf Deutsch.

Diese Landesregierung hat bildungspolitische Gesamtkonzepte und sehr wohl ausgeprägte Maßnahmen einer an Bildungsteilhabe orientierten Sprachförderung.

Wir geben heute der Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag weitere Instrumente an die Hand, um auch die Mittel aus dem Nachtragsetat mit weiterem Leben zu füllen.

Sowohl die kurzfristige flexible Möglichkeit zur weiteren Einrichtung von Sprachlernklassen, als auch der Einsatz von sozialpädagogischen Fachkräften sind dafür wichtig.

Wir wollen das Potenzial der Ganztagsschule und die pädagogischen Gestaltungsspielräume nutzen. Was gibt es Besseres, als gemeinsame Ganztagsangebote, in denen sich Flüchtlingskinder mit anderen Kindern spielerisch austauschen können? Gerade diese niedrigschwelligen Ansätze machen unser aller Leben aus, ob Flüchtling oder nicht.

Unsere Vorstellung ist, dass die Bildungsangebote an den berufsbildenden Schulen für die nicht mehr schulpflichtigen Jugendlichen im Alter von 18-21 und, in bestimmten Fällen, auch bis 25 Jahre weiterentwickelt werden können, denn gerade in der Vorbereitung auf das Berufsleben gibt es in allen Bereichen eine spezielle Fachsprache, die erlernt werden muss.

Es geht um Sprachbildung für alle, und dafür ist es gut, dass die neuen Sprachbildungszentren alle Kinder und Jugendlichen im Bereich Sprache unterstützen. Ein asiatisches Sprichwort sagt „Die Sprache verstehen ist eine Tür zum Menschen“ – und genau darauf kommt es an, meine Damen und Herren.

Daher ist es wichtig, dass Sprachbildung nicht auf einzelne Schulformen reduziert wird, und auch nicht auf einzelne Fächer. Sprachbildung gehört in ein Gesamtkonzept der Schule, in alle Fächer. Sprachbildung ist eine Daueraufgabe von Schule. Und da komme ich wieder auf mein Lieblingsbeispiel, die Albert-Schweitzer-Schule in Hannover mit einem Migrationsanteil von über 90 Prozent. Diese Schule lebt das Thema Sprache nicht in Sprachlernklassen sondern als ganzheitliches Modell im Schulalltag.

Und auch die evangelische IGS in Wunstorf hat sich auf diesen Weg begeben und unterrichtet ganzheitlich und mit Erfolg in allen Zusammenhängen der Sprache.

Die Liste der Schulen, die diesen Weg eingeschlagen haben, könnte unendlich fortgeführt werden.

Und es ist gut, dass die Sprachbildungszentren künftig als verlässlicher Partner an den Seiten der Schulen stehen.

Meine Damen und Herren, wir wollen Bildungsteilhabe für alle! Das ist das Ziel unseres politischen Handelns und dieser Antrag ist ein weiterer Baustein auf dem Weg dahin.

Da die Opposition mit uns diesen Weg nicht gehen wollte, werden wir heute unseren Antrag verabschieden und die der Opposition ablehnen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!